„Dank der Unterstützung des Mittelstand-Digital Zentrums Lingen.Münster.Osnabrück haben wir eine praktikable, zuverlässige und bezahlbare Lösung für unseren Betrieb gefunden. Das Zentrum hat uns die Möglichkeit eines Eigenbaus aufgezeigt und welche Komponenten dafür geeignet sind. So konnte ein präzises Vermessungssystem entwickelt werden, das genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist.“ Theo Hoffmann, Leiter des landwirtschaftlichen Betriebs
Ausgangssituation
Der landwirtschaftliche Betrieb Hoffmann, gelegen am Niederrhein, wird von Theo Hoffmann geleitet. Er bewirtschaftet etwa 100 Hektar Ackerland innerhalb eines 25-Kilometer-Radius. Die angebauten Marktfrüchte umfassen Getreide, Zwiebeln, Mais und Kartoffeln. Für den Kartoffelanbau werden pro Jahr etwa 25 Hektar einjährig dazu gepachtet. Mit jahrzehntelanger Erfahrung hat Theo Hoffmann den Betrieb erfolgreich durch bewährte Methoden aufgebaut und vertraut auf ihre Beständigkeit. Er steht digitalen Technologien offen gegenüber, erkennt jedoch, dass sie auch teuer und zeitintensiv sein können. Anders sieht es sein Sohn Markus, der in Teilzeit auf dem Betrieb arbeitet und neben seiner Arbeit auf dem Hof auch als Außendienstmitarbeiter in einem Agrarunternehmen tätig ist. Dort kommt er regelmäßig mit anderen Landwirten in Kontakt und erkennt deutlich das Potenzial digitaler Lösungen, um den eigenen Betrieb effizienter und zukunftssicherer zu gestalten. Vor allem im Bereich der Dokumentation und Verwaltung sieht er großes Potenzial. Daher sucht er nach Möglichkeiten, den Betrieb gezielt mit digitalen Werkzeugen zu entlasten, besonders bei zeitintensiven bürokratischen Aufgaben.
Herausforderung
Ein zentrale Herausforderung ist der elektronische Agrarantrag, die jährliche Flächenmeldung bei der zuständigen Behörde, die als Grundlage für EU-Förderprogramme dient. Die Flächen werden anhand der Arbeitsbreite der Maschine oder durch Satellitenbilder abgeschätzt, wobei häufig Ungenauigkeiten
auftreten oder ein hoher Zeitaufwand entsteht. Besonders bei Strukturveränderungen wie dem Anlegen von Blühstreifen oder durch die einjährige Zupachtung von Flächen für den Kartoffelanbau müssen diese Arbeiten regelmäßig sehr präzise getätigt werden.
Bei der Umsetzung eines digitalen Vermessungssystems stehen sowohl technische als auch betriebliche Herausforderungen im Raum, insbesondere der Generationenkonflikt. Während Markus digitalen Lösungen gegenüber aufgeschlossen ist und vor allem deren Nutzen erkennt, begegnet sein Vater diesen Veränderungen mit Bedenken. Für ihn stehen primär die möglichen Kosten und der zusätzliche Zeitaufwand im Vordergrund. Die finanziellen Mittel sind begrenzt, sodass teure Systeme mit umfangreichen Funktionen wirtschaftlich nicht infrage kommen. Gleichzeitig besteht die Anforderung, dass die eingesetzte Kostengünstiges Precision Farming Technik unter den Bedingungen eines landwirtschaftlichen Betriebs zuverlässig funktioniert.
Projektziele
- Integration eines digitalen Vermessungssystems, das eine präzise und zuverlässige Flächenerfassung ermöglicht
- Ersetzung zeitintensiver und fehleranfälliger manueller Messverfahren
- jährliche Flächenmeldung bei Behörden effizienter und genauer gestalten
- Verbesserung der Datenqualität
- Entwicklung und Anwendung des Systems sollen dazu beitragen, digitale Kompetenzen im Betrieb zu stärken und den Umgang mit moderner Technik durch praktische Erfahrung zu fördern
Methoden und Unterstützung
Die Entwicklung eines digitalen Vermessungssystems im Eigenbau wurde durch die Zusammenarbeit mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Lingen.Münster.Osnabrück angestoßen. Im Rahmen eines gemeinsamen Austauschs wurde deutlich, dass unter den gegebenen betrieblichen Voraussetzungen ein Eigenbau eine realistische Alternative zu kommerziellen Systemen darstellt. Das Zentrum zeigte technische Lösungswege auf, stellte Informationen zu geeigneten Komponenten bereit und unterstützte bei der Systemkonzeption. Auf dieser Grundlage wurde eine kostengünstige, modular aufgebaute Lösung umgesetzt. Zentrale Komponenten sind ein GNSS-fähiger Lotstab, ein wetterfestes Android- Tablet und die Open-Source-Anwendung QField zur mobilen Datenerfassung. Die erhobenen Geodaten werden im Anschluss mithilfe von QGIS im Büro weiterverarbeitet und in standardisierte Formate überführt.
Ergebnisse und Ausblick
Die Gesamtkosten für das System liegen deutlich unter dem Preisniveau kommerzieller Alternativen. Diese finanzielle Effizienz wirkt sich positiv auf die Akzeptanz im Betrieb aus. Auch der Vater erkennt die Vorteile der Lösung, insbesondere die Zeitersparnis bei der Flächenerhebung und die gesteigerte Genauigkeit. Die erhobenen Daten können unmittelbar in den elektronischen Flächenantrag geladen werden. Die Sorge vor überflüssigen Investitionen weicht
zunehmend dem Vertrauen in eine wirtschaftlich sinnvolle und praxisgerechte Lösung.
Darüber hinaus zeigt sich, dass die Auseinandersetzung mit der Technik zu einem spürbaren Kompetenzzuwachs führt. Die Auswahl und Konfiguration der eingesetzten Komponenten sowie der sichere Umgang mit der Datenerfassung und -verarbeitung stärken das technische Verständnis auf dem Betrieb. Die Eigeninitiative bei der Systementwicklung fördert nicht nur die Selbstständigkeit, sondern schafft auch eine Basis für die Weiterentwicklung digitaler Anwendungen im eigenen Arbeitsumfeld.
Das Projekt belegt eindrucksvoll, dass Digitalisierung auch mit kleinem Budget möglich ist, sofern technisches Verständnis, praktische Anforderungen und betriebliche Realität in Einklang gebracht werden.